1. Allgemeines

Dramaturgie ist die Kunst des Erzählens einer Geschichte, die den Zuschauer fesselt und mitnimmt. Oft soll ein bestimmtes Problem bzw. ein bestimmter Konflikt gelöst werden. Als Protagonisten bezeichnet man dabei die Hauptfigur. Häufig identifiziert sich der Zuschauer mit dieser. Gibt es einen Gegenspieler, bezeichnet man diesen als Antagonisten. Genau wie bei einem Aufsatz beginnt die Geschichte mit einer Einleitung, stellt handelnde Beteiligte und Problematik vor. Dann entwickelt sich die Handlung anhand eines „roten Fadens“. Wichtig ist, dass ein Spannungsbogen erzeugt wird, der zu einem oder mehreren Höhepunkten geführt wird. Überraschende Änderungen des Handlungsablaufs - Wendepunkte oder Plots genannt – entwickeln die Geschichte weiter, bringen sie voran. Am Schluss werden Spannung und Problematik aufgelöst.

Im Gegensatz zum Buch, wo man sich man sich „nur“ in Worten ausdrücken kann, bietet der Film mehr Möglichkeiten: Worte, Bilder, Geräusche und Musik.

Diese Regeln gelten grundsätzlich für alle Arten von Filmen, egal ob Familien-, Urlaubs-, Spiel-, Reportage-, Reise- oder Dokumentarfilm.

(Hans-Jürgen Schekahn)

2. Gestaltung eines Reisefilms

Für die Gestaltung eines Reisefilms gibt es drei übliche Formen:

Chronologische Gestaltung / Tagebuch

Hier wird chronologisch Tag fürTag die Reise gefilmt. Der Kommentar ist in der Ich-Form gesprochen. Diese Dokumentation ist in erster Linie Selbstzweck, d.h. sie dient der Erinnerung, ist also der persönlichste Reisefilm. Beim Anschauen auch der nebensächlichsten Details erlebt man die Reise aufs Neue.

Andere Zuschauer hingegen teilen diese Erinnerungen nicht. Wenn ich also meinen Reisefilm auch anderen zeigen möchte, sollte ich einen zweiten Film machen, der einen Extrakt aus dem eigentlichen Film darstellt, in dem ich mich auf ein Thema beschränke. Ganz wichtig dabei ist ein roter Faden, z.B. eine bestimte Person, die immer wieder im Bild auftaucht. Das kann der Reiseleiter, der Busfahrer oder ein Mitreisender, der z.B. Tagebuch schreibt, sein. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Deshalb ist es sinnvoll, vor der Reise eine Stichwortsammlung anzulegen und dabei den roten Faden nie aus den Augen zu verlieren.

Wichtig während der Reise ist, ganz viel Material für Zwischenschnitte zu filmen, z.B. Menschen, Landschaften, Nah - und Großaufnahmen.

Ereignisse lassen sich nicht planen und mit genügend Schnittmaterial lassen sich die einzelnen Episoden später gut verbinden.

Thematische Gestaltung

Einzelne Orte oder Begebenheiten werden zu einem Themenkomplex zusammengefaßt. Dabei beschränkt sich der Film auf die Wiedergabe bestimmter Eindrücke oder Stimmungen. Beispiele sind Ackerbau in einem Land, religiöse Zeremonien aber auch Schattenseiten (Hinterhöfe in Venedig etc.). Dem Zuschauer wird also ein spezieller Aspekt des Reiseziels nahe gebracht.

Dramaturgische Gestaltung

Der Film thematisiert eine besondere Begebenheit, wie zum Beispiel die Totenverbrennung in Indien, die Tempelfeste auf Bali o.ä. Ein solcher Film muß nach den Regeln der Dramaturgie aufgebaut sein, d.h eine Einleitung, Durchführung mit einem oder mehreren Höhepunkten und Ausstieg. Diese Art der Gestaltung ist besonders wichtig für einen Wettbewerbsfilm, denn hier wird auf  Inhalt und Gestaltung geachtet.

Deshalb sollte man sich bereits vor Beginn der Reise durch Studium von Reiseführern und  Anlegen einer Stichwortsammlung dessen, was unbedingt in den Film hinein soll, auf die Gestaltung seines Reisefilms vorbereiten.

Wer ohne Konzept während einer Reise ziel - und planlos alles filmt, was vor die Kamera kommt, bringt unter Umständen Material von etlichen Stunden Film mit, die er sich einmal anschaut um es dann für immer in der Schublade verschwinden zu lassen.

(Gisela Baust)

 

 

Beispiel Themenkomplex: Kamelmarkt im Emirat Abu Dhabi
  • Der Markt findet in der Oase Al Ain statt.

  • Ein Züchter bietet sein Tier an.

  • Ein gutes Rennkamel kostet einige Tausend Dollar.

  • Fohlen.

3. Der Reportage-Film

  • Göltzschtalbrücke

Die Reportage ist etwas ganz spannendes, nämlich ein Augenzeugen-Bericht. Der Reporter (Autor) hält sich am Ort des Geschehens auf, er ist mitten drin. Er hat das Ziel, den Zuschauer nicht nur durch Bilder teilhaben zu lassen, sondern ihm auch seine Empfindungen zu vermitteln. Dies kann nur gelingen, wenn der Autor es versteht, Tatsachen, Stimmungen und Emotionen der unmittelbaren Situation einzufangen und auf sein Publikum zu übertragen. Eine Reportage gibt also neben der Tatsachenschilderung in jedem Fall auch die subjektive Sicht des Autors wieder.

Was bedeutet das für den Filmautor?

Planung und Recherche
Meist ist der Auslöser für eine Reportage ein unmittelbar erlebtes Ereignis, das oft nicht planbar ist. Trotzdem muss sich beim Autor zu Beginn seiner Filmaufnahmen eine grobe Idee im Kopf formen, damit er bestimmte, wichtige Einstellungen nicht vergisst. Eine Recherche jedoch kann in der Regel erst hinterher stattfinden, um die gesammelten Informationen zu vervollständigen.

Filmaufnahme:
Der Autor sammelt alle Eindrücke, Geschehnisse, Abläufe mit seiner Kamera. Spontanes Reagieren ist angesagt, überwiegender Einsatz der Handkamera die Folge. Der Autor muss offen sein für überraschende Wendungen, ja sogar seine ursprüngliche Planung in Frage stellen, wenn die Ereignisse ihn überrollen. Er filmt spontane Interviews und Zuschaueraussagen, sammelt Original-Ton, nimmt unter Umständen Statements mit sich selbst vor der Kamera auf, um seine eigenen Empfindungen „frisch“zu dokumentieren.

Montage:
Dem Autoren stehen alle Stilmittel zur Verfügung, um seine Geschichte zu erzählen, er kann chronologisch montieren, Rückblenden verwenden, kurze Interviews einarbeiten, selbst als Moderator im Film auftauchen. Dabei richtet er sein Augenmerk auf eine klare Struktur und saubere Bildsprache.

Kommentar:
Die Reportage lebt vom Kommentar. Dieser muss persönlich sein und in der Ich-Form gesprochen werden. Auf einen übereinstimmenden Bild-Text-Bezug ist dabei besonders zu achten. Ein Kommentar ist hier immer subjektiv, darf aber niemals pathetisch, überheblich oder besserwisserisch sein.

Was noch wichtig ist:
Die Reportage muss bei aller Emotionalität stets der Wahrheit verpflichtet bleiben. Dramatische Ereignisse sprechen ohnehin für sich, sie brauchen keine Übertreibungen.

(Rainer Wolf)

4. Der Dokumentarfilm

  • KZ Flossenbürg

Anders als der Reportagefilm ist der Dokumentarfilm die authentische, objektive und möglichst umfassende Darstellung eines Sachverhaltes, einer Geschichte, eines Themas.

Was bedeutet das für den Filmautor?

Planung und Recherche:
Bevor der Autor überhaupt mit seiner Filmarbeit beginnt, wird er sich über alle Aspekte seines selbst gewählten Themas informieren. Dazu recherchiert er in allen zur Verfügung stehenden Medien. Er sammelt Informationen, er ordnet und bewertet sie.

Filmaufbau und Drehbuch:.
Erst nach einer solch umfangreichen Vorarbeit wird sich der Autor über Form und Aufbau seines Filmes Gedanken machen. Er muss ein Drehbuch, zumindest aber einen Drehplan, erstellen, um konzentriert an seinem Film arbeiten zu können. Bei dieser Filmform hat er alle Freiheiten der Gestaltung. Er kann sowohl mit Interviews arbeiten als auch kurze Spielfilmszenen zur Verdeutlichung verwenden.

Filmarbeit:
Gemäß seinem Drehbuch bzw. Drehplan filmt der Autor jetzt alle notwendigen Einstellungen. Dabei ist eine fortgesetzte Qualitätskontrolle erforderlich, damit er im Falle eines Falles noch an Ort und Stelle Einstellungen nachdrehen kann. Dies gilt besonders für Aufnahmen von Ereignissen, Dokumenten, Bildern und Urkunden, die nicht immer zur Verfügung stehen.

Montage:
Durch die umfangreiche Recherche erhält der Autor in der Regel eine große Menge Filmmaterial. Deshalb ist er gut beraten, immer die Aufnahmebereitschaft und -fähigkeit seines Publikums im Blick zu haben (und natürlich die 20 BDFA-Filmminuten). Dabei ist eine abwechslungsreiche Montage hilfreich. Übersichten und Grafiken erleichtern die Vermittlung komplexer Sachverhalte.

Kommentar:
Auch die Dokumention kommt nicht ohne Kommentar aus. Doch dieser muss im Gegensatz zur Reportage stets sachbezogen und neutral sein, dabei frei von Emotionen, Übertreibungen und Wertungen bleiben. Die „Ich-Form“ verbietet sich deshalb hier von selbst. Interviews mit „Fachleuten“ können hilfreich sein.

(Rainer Wolf)